Trauma hinterlässt nicht nur psychische Spuren, sondern speichert sich auch im Körper. Chronische Anspannung, Ängste und emotionale Dysregulation sind oft Zeichen eines Nervensystems, das in einer Daueralarmbereitschaft gefangen ist. Mit somatischen Übungen kannst du lernen, dein Nervensystem zu beruhigen und wieder mehr Verbindung zu dir selbst herzustellen. In diesem Artikel erfährst du, welche Übungen aus der Körpertherapie, Somatic Experiencing® (SE) und der Polyvagal-Theorie helfen können.

Warum somatische Übungen bei Trauma helfen
Laut Peter Levine (Somatic Experiencing®) und Stephen Porges (Polyvagal-Theorie) sind traumatische Erlebnisse oft nicht kognitiv verarbeitbar, sondern bleiben als körperliche Stressmuster bestehen. Diese Muster können zum Teil durch gezielte Übungen sanft gelöst werden, ohne das Nervensystem zu überfordern.
Ziele der somatischen Übungen:
Innere Sicherheit herstellen
Selbstregulation verbessern
Körperwahrnehmung stärken
Überschüssige Spannung abbauen
Verbindung zu Emotionen und Körper wiederherstellen
1. Yoga Nidra / NSDR: Tiefe Entspannung und Regulation durch Körperwahrnehmung
Yoga Nidra ist eine geführte Meditationstechnik, die ähnlichen einem Bodyscan in einen Zustand tiefer Entspannung führt. Dabei bewegt sich die Aufmerksamkeit systematisch durch verschiedene Körperbereiche. Diese Methode hilft, das autonome Nervensystem auszubalancieren und den Körper aus dem Kampf- oder Fluchtmodus zu bringen.
2. Orientierungsübung: Sicherheit durch deine Umgebung
Setze dich entspannt hin und lasse deinen Blick langsam durch den Raum wandern. Nimm Farben, Licht und Formen wahr. Dies hilft, das Nervensystem auf Sicherheit zu programmieren und aus einem Übererregungszustand herauszukommen.
3. Grounding: Erdung durch bewusste Bewegung
Stehe barfuß auf dem Boden und verlagere dein Gewicht langsam von einer Seite auf die andere. Spüre, wie deine Füße Kontakt mit dem Boden haben. Alternativ kannst du mit den Händen gegen eine Wand drücken oder dich bewusst auf einen Stuhl setzen und spüren, wie du getragen wirst.
4. Physiological Sigh: Sofortige Beruhigung durch Atemtechnik
Der Physiological Sigh, bekannt aus der Forschung von Andrew Huberman, ist eine zweistufige Atemtechnik zur schnellen Beruhigung des Nervensystems. Dabei atmet man zunächst ca 80% über Bauch und Brust ein und füllt die Lunge im Anschluss komplett auf. Nach einer kurzen Pause lässt man die Luft dann langsam ausströmen. Diese Technik reduziert nachweislich Stress und fördert die Selbstregulation.
5. Pendulation: Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung
Peter Levine beschreibt, dass der Wechsel zwischen angenehmen und unangenehmen Körperempfindungen dabei hilft, Spannungen zu verarbeiten. Lenke deine Aufmerksamkeit von einem entspannten Bereich deines Körpers zu einer angespannten Stelle und zurück, um das Nervensystem sanft zu regulieren.
6. Zittern lassen: Natürliche Spannungsentladung
Nach einem Schock oder stressigen Ereignis zittern viele Tiere, um Anspannung abzubauen. Menschen unterdrücken diese Reaktion oft. Du kannst das Zittern bewusst unterstützen, indem du deine Beine oder Arme leicht ausschüttelst. Mir hilft es, dazu rhythmische Musik zu hören.
7. Weitere Atemübungen Für innere Beruhigung
Der Vagusnerv spielt eine entscheidende Rolle in der Selbstregulation. Durch langsames, bewusstes Atmen kannst du ihn stimulieren:
4-7-8-Methode: 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen
Box-Breathing: Einatmen, Halten, Ausatmen, Halten für jeweils eine gleich lange Dauer von z.B 5-10 Sekunden
Summen oder singen: Vibrationen im Halsbereich aktivieren den Vagusnerv
8. Selbstberührung: Sich selbst Halt geben
Wie würdest du eine andere Person behutsam, unterstützend und liebevoll berühren? Vielleicht legst du deine Hände sanft auf dein Herz oder umarmst dich liebevoll. Vielleicht ist es ein Streicheln über die Wange oder die Brust oder den Bauch. Vielleicht ist es eine Fußmassage. Diese Berührungen senden dem Nervensystem Signale von Sicherheit und Geborgenheit.
Manchmal reicht es schon, mit solchen Übungen eine Regulation zu erreichen. Manchmal ist jedoch auch eine professionelle therapeutische Unterstützung unerlässlich. Wenn du möchtest, dann stehe ich dir in meiner Praxis für körperorientierte Psychotherapie gerne als Unterstützung zur Seite. Vereinbare dir gerne hier einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch.